Bhagavantee A. Paul

  Mein Name ist Bhagavantee Annett Paul. Soweit ich mich zurückerinnern kann, hat mich Musik schon mein ganzes Leben lang begleitet. Da meine Mutter Musiklehrerin war, habe ich sicher schon vor meiner Geburt intensiv ihren Geräuschen, Klängen und Liedern lauschen dürfen. In ein paar Momentaufnahmen meiner Erinnerung sehe ich mich als Kind abends heimlich an der Wohnzimmertür stehen und rauschenden Sinfonien lauschen.

Wir hatten ein Klavier und wenn meine Mutter manchmal spielte, saß ich unten drunter und kroch förmlich in die Klänge hinein. So kam ich halt auch dazu, Klavier zu lernen, obwohl ich die 10 Jahre Musikschule wohl kaum durchgehalten hätte, wenn meine Eltern nicht einen gewissen Druck ausgeübt hätten. In der siebten Klasse fand ich endlich Gefallen dran, da aus dem Üben endlich ein Musizieren wurde. Heute bin ich sehr dankbar dafür, dass ich das Klavier doch nicht zum Fenster rausgeworfen habe.

Gesungen haben wir auch oft miteinander, meist bei langen Autofahrten. Und das Singen hat mich immer sehr fröhlich gestimmt. So entging ich Gott sei Dank der entmutigenden Erfahrung, die Kinder oft in der Schule machen: dass ihnen das Singen verleidet wird, weil sie es eben nicht gut genug können. Heute ist es mir ein besonderes Anliegen, die Freude am Musizieren zu fördern, insbesondere bei Kindern, die es von Natur aus noch sehr gern und ungezwungen tun. 


gandharvaloka-linz-1.jpg gandharvaloka-linz.jpgWie das bei Kindern so ist, hatte ich immer wieder neue Berufswünsche. Zuerst wollte ich Ärztin werden, wirklich lange Zeit. Dann unbedingt Förster, weil ich den Wald so liebte.  Als ich hörte, dass das eher harte Männerarbeit wäre, ließ ich davon ab. Dann kam Saatzüchterin an die Reihe, weil wir einen Garten hatten und Pflanzen mich sehr faszinierten. Irgendwann merkte ich, dass dieser Beruf doch nicht ganz meinem Ideal entsprach und ich wandte mich eher meinen künstlerischen Neigungen zu. Nein, Musik wollte ich wirklich nicht studieren, mich schreckte das viele Üben ab. Mir reichte es, wenn ich ein bisschen zu meiner Freude spielte. Es zog mich eher in die Kunst- und Designerwelt, zum Töpfern, Nähen, Basteln, Gestalten, Malen. In unserer Stadt gab es die Hochschule für Kunst und Industrielle Formgestaltung, die so genannte „Burg“. (Burg Giebichenstein) Und diese zog mich magisch an. Nur leider gab es eine berüchtigte Eignungsprüfung zu bestehen, der ich mich auch zu unterziehen hatte. Dafür hieß es zeichnen und malen zu üben. Hmm, war auch nicht so meins. Irgendwie hatte ich es nicht so mit ausdauerndem Training und noch weniger hatte ich den Ehrgeiz, mein hochgestecktes Ziel wirklich zu erreichen. Es war ja so schwierig und ich musste so gut sein, um angenommen zu werden. Und dann war das auch die Zeit, wo ich mich nach dem Sinn des Lebens überhaupt fragte und sehr oft keinen sah. Das raubte mir zusätzlich den Mut und den Optimismus.

Also, nach ein paar Jahren gab ich den Gedanken auf, Kunst studieren zu wollen. Übrigens war das die Zeit der großen Umbrüche in Deutschland und Europa, die Wende 1989. Da wusste eigentlich keiner, was passieren würde. Als die Grenzen dann offen waren, ergoss sich nicht nur ein großer Strom Menschen gen Westen, es kamen auch viele neue Ideen zu uns in den Osten herüber. Es war nämlich in der Tat so, dass wir im Osten von vielem abgeschnitten waren, nicht nur was die materiellen Dinge betraf, sondern vor allem das geistige Gut. 

Die Zeit der Wende bedeutete auch eine Wende für mein persönliches Leben. Da ich noch immer nicht wusste, welchen Beruf ich wirklich wählen sollte, es mich aber immer zu Kunst und Musik hinzog, hat dann wohl das Schicksal nachgeholfen. Durch meine Mutter lernte ich die Waldorfpädagogik kennen, die meiner Lebenshoffnung tatsächlich Flügel verlieh. Tief in mir drinnen war nämlich immer der Wunsch, durch eine vollkommene Erziehung/Bildung neue Menschen heranwachsen zu lassen. Und da fängt man natürlich am besten bei den Kindern an. (Heute ist mir klar, dass die Kinder auch nur so gut werden können wie ihre Vorbilder, die Erwachsenen. - Kennt ihr den Witz „Wie sollen wir denn unsere Kinder erziehen, wenn sie uns eh alles nachmachen? -  Darum habe ich begonnen, erst einmal mich selber zu erziehen.)
Um wieder zur Berufswahl zurück zu kommen: die Waldorfpädagogik erschien mir mit ihrer künstlerischen Praxis der perfekte Beruf zu sein, daher wollte ich Waldorfkindergärtnerin werden, was dann letztlich doch nichts wurde, weil ich Eurythmie zu studieren begann, eine Art Tanzkunst, wo Sprache, Musik, Dichtung, Malerei, Farblehre, Pädagogik, Therapie zu einem faszinierenden Ganzen zusammen geführt werden. Perfekt für mich, all meine Neigungen unterzubringen. (Aha, doch Kunststudium...)

Ich zog von Halle nach Nürnberg, vom Osten in den (Süd)Westen. Und fühlte mich, als wenn ich durch ein magisches Tor in eine andere Dimension gelangt wäre. Es wurde der Beginn meiner spirituellen Reise.

In Nürnberg lernte ich sehr bald das Sri-Chinmoy-Center kennen und wusste ziemlich schnell mit absoluter Sicherheit, dass ich dorthin gehörte. Im Oktober 1990 wurde ich Schülerin von Sri Chinmoy. Nach über 20 Jahren bin ich es noch immer. Meine Liebe zur Musik und Kunst habe ich gerade durch den immensen Einfluss Sri Chinmoys auf ganz neue, eben spirituelle Weise, ausleben können, auch wenn ich mir das alles ganz anders vorgestellt habe. Wie es halt so ist im Leben: der Mensch denkt, Gott lenkt.

gandharva loka linz.jpgDiese Fotos hier zeigen den Ort, wo ich lange gearbeitet habe: ein Geschäft voller Musikinstrumente, die sich durch eine Besonderheit auszeichnen: sie kommen aus allen Kulturkreisen der Welt, sind im Aussehen und Klang meist ungewöhnlich und in einem Laden selten in dieser Vielfalt zu sehen. Er ist sogar in gewisser Weise ein Museum für musikalische Kultur. Die Welt der Klänge übt eine starke Anziehung und Wirkung auf mich aus und gerade die Beschäftigung mit anderen Kulturen hat meinen Horizont mächtig erweitert. Daher möchte ich gern mehr über diesen besonderen Ort schreiben: das Klanghaus "Gandharva Loka".
Den Namen „Gandharva Loka“ erhielt das Musikgeschäft von Sri Chinmoy. Überhaupt ist es auf seine Anregung hin entstanden, da er einige seiner Schüler inspiriert hat, eigene Firmen zu gründen. Das erste Klanghaus wurde 1989 in Zürich eröffnet, später folgten die Filialen in Salzburg, Wien, Nürnberg, Graz. Wer mehr darüber wissen will, sollte auf diese website schauen: www.gandharvaloka.com

Gandharva Loka kommt aus dem Sanskrit und bedeutet: Das Reich der Himmlischen Musiker. Sri Chinmoy sprach öfter von den Gandharvas, die Wesen von einer sehr hohen Bewusstseinsebene seien und begnadete Musiker und Sänger inspirieren würden. (In den berühmten indischen Schriften Ramayana und Mahabharata werden sie häufig erwähnt.) Ich bin sicher, dass sie hier auf der Erde durch uns einen Platz gefunden haben, sich zu verkörpern und die Musikwelt zu bereichern. Auch wenn die spirituelle Dimension solcher Geschäfte nicht immer erkannt bzw. geschätzt wird. Allerdings habe ich schon oft erleben dürfen, wie Menschen, die in den Laden kommen, von etwas berührt werden, was sie selber gar nicht benennen könnten. Sie gehen verwandelt hinaus. Für mich ist klar, dass es die Berührung der himmlischen Musiker ist.

gandharvaloka-linz-3.jpgSri Chinmoy legte immer großen Wert auf Musik, war er doch selbst unermüdlicher Komponist einer unendlichen Fülle spiritueller Lieder und auch aktiver Musiker. Für ihn war Musik ein Medium für subtile innere Erfahrungen, die Virtuosität stand nicht im Vordergrund. Und ich möchte dazu sagen, dass sich mein Musikverständnis sowohl durch seine Art zu musizieren als auch die Instrumente, mit denen ich zu tun hatte, sehr verändert hat. Ich habe die Schönheit, die einem einzigen Ton oder Klang innewohnt, entdecken dürfen, ich habe auch gelernt, hinter die Musik zu hören, das Bewusstsein darin zu erspüren. Dadurch tritt der Anspruch auf perfektes Instrumentenspiel in den Hintergrund und die spontane, kindliche Freude an Klängen kommt zurück. Das ist es auch, was ich unserer Kultur wünsche: dass Musizieren wieder für jeden Menschen zugänglich ist und nicht nur von wenigen ausgebildeten Virtuosen vorgetragen werden kann oder darf. In Naturvölkern war Musik ja immer ein Teil des sozialen Lebens, in das alle eingebunden waren. Tanz, Gesang, Arbeit, Feste, Rituale, Heilung waren ein zusammengehöriges Ganzes. Ob wir wieder dahin kommen?

trommeln.jpgWenn ich so zurückschaue, finde ich sehr viele meiner damaligen beruflichen Bestrebungen in dem, was ich heute tue, wieder. Nichts geht wirklich verloren, Talente können auf immer wieder neue Weise eingesetzt werden. Und vor allem für einen höheren Zweck. Sri Chinmoy betont immerzu den Aspekt von „selfgiving“ – sich selbst zu geben, zu schenken. Das sei die beste Weise, um glücklich zu sein und bleibende Zufriedenheit zu gewinnen. Sich Gott zu schenken.
Für mich bedeutet das, sich der höheren Führung anzuvertrauen, die immer weiß, was gut für einen ist. Aufzuhören, nur nach der Erfüllung eigener selbstsüchtiger Wünsche zu streben. Sich zu einem Instrument, Sprachrohr Gottes zu machen. Frei zu werden von Enge, Begrenzung, Egoismus.
Was nichts anderes bedeutet als lebenslanges Lernen und Wachsen. Das ist der spirituelle Lebens- und Reifungsprozess, der nie aufhört. Oder doch? Vielleicht dann, wenn man am Tor der Vollendung angekommen ist, wenn man eintaucht in die große göttliche Umarmung des Eins-mit-Allem-Seins.
 

Mittlerweile bin ich durch meinen starken Wunsch, Musik zu unterrichten und in direkter Weise an Menschen zu vermitteln, in die Musikstadt Salzburg gezogen. Hier unterrichte ich nebenberuflich Klavier, indisches Harmonium und Rhythmusinstrumente. Eine Ausbildung zur Kinderyogalehrerin eröffnet mir nun auch noch andere Wege, mit Kindern zu arbeiten. Auch hier kann ich Musik und Klang kreativ einsetzen. Mehr darüber auch auf meiner website www.yoga-und-musik.at.